In unserem Heimatblatt
berichten Besucher, dass es um die
Zukunft unserer Adlergebirgsheimat schlecht bestellt sei. Sie schreiben: Es
gibt fast keine Landwirtschaft mehr. Alles verwächst mit Unkraut und
Sträuchern. Der Wald wächst immer weiter in die einst voll besiedelten Dörfer.
Ortschaften wie Michowie sind ohne Einwohner. Um meinen Heimatort Gießhübel
muss es auch schlecht bestellt sein. Ich lese: Der Fremdenverkehr ist
unterentwickelt. Ohne Hotel, ohne Pensionen, ohne Café, ohne Speisegaststätte
ist ein solcher wohl auch nicht möglich. Frühere
Gewerbe wie eine Brauerei und Webereien gibt es nicht mehr. Wenn man das
liest, wird einem schwer ums Herz. Man erinnert sich an früher und wie es
damals war.
Jeder Landwirt war bemüht, sein Land sorgfältig zu pflegen,
damit auf den meist bergigen Feldern eine gute Ernte heranwachsen konnte. Im
Frühjahr räumte man die Wiesen von Steinen und glättete die Maulwurfshügel. Die
Gräben wurden gereinigt, damit das Wasser abfließen konnte und die Wiesen
trocken blieben. In den Ställen stand so viel Vieh, wie der Landwirt ernähren
und halten konnte. Es wurde überaus sparsam gewirtschaftet. Kein Korn, kein
Stück Brot durfte vergeudet werden. Jeden Rand, jeden Graben mähte man
sorgfältig ab. Wie glücklich warn die Landwirte, wenn reichlich Brot- und
Futtergetreide, Kartoffeln und Rüben geerntet werden konnten. Es musste ja für
Mensch und Tier bis zur nächsten Ernte reichen. In den Familien wurde emsig
geschafft, von früh bis spät, vom Frühjahr an bis zum Herbst. Kamen Verwandte
zu Besuch, machte man einen Rundgang um die Felder, tauschte Erfahrungen aus
und freute sich an den heranwachsenden Feldfrüchten.
Auch das Gewerbe blühte damals. Die Brauerei arbeitete. In den Webereien fanden
Menschen Erwerb. Handwerker wie Bäcker,
Fleischer, Schmiede, Tischler, Schneider, Schuhmacher, Stellmacher verdienten
ihr Brot. In zahlreichen Gaststätten kehrten
Freunde und Einheimische ein. Es wurden zu bestimmten Anlässen Bälle
durchgeführt. Meine Eltern erzählten oft, wie das Vereinsleben gepflegt wurde.
Sie sprachen immer begeistert von ihrem Turnverein.
Auch die Kultur wurde nicht vergessen. Bei Jirku spielte man Theater. Die Kirchenfeste
feierte man in der Familie.
Eine Sattlerin schrieb mir von dort, dass es damals in
Sattel 5 Schuhmacher, 7 Kaufläden, 1 Bäckerei, 1 Fleischer, 4 Gaststätten, 1
Schmiede und 2 Webereien gab. Fast in jedem Haus stand auch ein Webstuhl. In
den Ställen der kleinen Landwirtschaften hielt man bis zu 10 Stück Vieh. Auf
den damals gepflegten Feldern und Wiesen ist heute nur noch Hutweide zu finden.
Alles wachse zu. Das mache sie traurig.
Wir können die fleißige Arbeit unserer Vorfahren gar nicht
genug würdigen. Im Laufe von Jahrhunderten erarbeiteten sie die
Kulturlandschaft, die wir 1945/46 verlassen mussten und wie sie uns in
Erinnerung blieb. Wie wird es wohl nach den nächsten 50 Jahren dort aussehen?
Wird dann noch jemand da sein, der sich erinnert?