Zu Besuch beim Schmoranz-Schnitzer in Pollom

M. Kirschner

Im Jahre 1978 fuhren mein Mann, unser Sohn Dieter und ich das erste Mal in meinen Heimatort Gießhübel. Wir besuchten unsere Tante Mariela auf den Bränden. Eines Abends sagte sie, dass wir den Holzschnitzer Schmoranz besuchen könnten. Er wohne nicht weit weg. Sicher würden uns seine Holzschnitzarbeiten interessieren. Herr Schmoranz hatte die Fachschule für Holzarbeiten besucht, die sich in Grulich befand, und war ein begabter Schnitzer.

Schmoranz-Schnitzer bei der Arbeit

Als wir bei ihm ankamen, freute er sich; denn er lebte allein in seinem Bauernhaus in Pollom. In der großen Stube stand auch seine Werkbank, an der er arbeitete. Unser Blick fiel auf die geschnitzte Madonna im Muttergotteswinkel, die beleuchtet war. Wir konnten seine Schnitzarbeiten bewundern und hatten viel Freude daran. In Erinnerung blieb mir ein Christuskopf mit Dornenkrone. Der Ausdruck seines Gesichtes hat mich damals sehr berührt. Dann setzten wir uns an den großen Tisch, unter dem auch der große Hund Platz nahm, und erzählten.

Draußen hatte sich unterdessen ein Gewitter zusammengezogen. Es war dunkel geworden, und bald blitzte und donnerte es. Plötzlich krachte es fürchterlich. Das Licht ging aus, und aus der Steckdose schoss ein Feuerstrahl heraus. Mein Mann rutschte blitzschnell mit seinem Stuhl nach hinten, weil der Feuerstrahl direkt auf ihn zukam. Wir erstarrten vor Schreck. Der Hausherr beruhigte uns alle mit den Worten: „Wir sind alle in Gottes Hand". Obwohl das Licht im Raum ausgegangen war, blieb die Madonna hell beleuchtet. Unser Sohn Dieter glaubte an eine Erscheinung, weil er sich nicht erklären konnte, weshalb dieses Licht weiterleuchtete.

Als wir uns alle beruhigt hatten, ging unser Gastgeber zum Sicherungskasten und brachte die herausgesprungene Sicherung in Ordnung, und das Licht brannte wieder. Die Lampe bei der Gottesmutter wurde durch einen zweiten Stromkreis gespeist, der nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war.

Als Kinder erlebten wir des Öfteren sehr schwere Gewitter. Ich erinnere mich, dass geweihte Kerzen angezündet, kurze Gebete gesprochen und die Räume mit Weihwasser besprengt wurden. Die Angst vor Blitzeinschlägen war sehr groß. War doch in unseren Häusern außer Menschen und Tieren auch die Ernte eines ganzen Jahres untergebracht.