Gasthaus und Gemischtwarenhandlung Franz Czerny in Gießhübel

beschrieben nach Unterlagen von Marie Klar (+ 1998) / ergänzt von T.F.
 
 


Gasthaus Czerny (fotografiert um 1905)

Das Gasthaus Czerny mit Gemischtwarenhandlung war im oberen Teil des in früheren Zeiten so schönen, schmucken und gut besiedelten Städtchens Gießhübel gelegen. Es hieß eigentlich Gasthaus "Zum Grünen Baum" und war im Volksmunde als Gaststätte beim "Schworza Naz" bekannt. Erbauer soll eine Frau Draschner gewesen sein, von der der bekannte Ignaz Czerny das Gasthaus mit Kaufladen erwarb. Letzter Eigentümer bis 1945/46 war sein Sohn Franz Czerny.

Gasthaus und Laden "beim Czerny" waren für die Bewohner des Ortsteils Obergießhübel sehr praktisch und notwendig. Wöchentlich fuhr (vor 1938) Herr Franz Czerny mit seinen eigenen Pferden nach Dobruschka zum Einkauf auf den Markt. Außer den Dingen, die er für sein Geschäft zum Verkauf brauchte, brachte er auch noch auf Bestellung den Leuten kleine Ferkel mit und in der Sommerzeit häufig auch Obst. Was man sich wünschte, besorgte er gern, er war sehr freundlich und zuvorkommend, und auch seine Frau war tüchtig im Geschäft und freundlich bei der Bedienung der Gäste.

Im Geschäft wurde neben Lebensmitteln auch Unterwäsche verkauft, ebenso waren Strickwesten, vorgedruckte Handarbeiten und vieles andere zu haben.

In früheren Zeiten wurden auch Theatervorführungen gegeben, weil eine Bühne vorhanden war. Franz Czerny ließ dann einen großen Tanzsaal bauen, die Bühne wurde abgebaut. Nun gab es Tanzveranstaltungen aller Art, wie "Schürzen-Kränzchen" oder "Abschieds-Kränzchen" (das die Rekruten veranstalteten, wenn sie zum aktiven Militärdienst antreten mussten). Dann veranstalteten die verschiedenen Vereine im Winter die "Bälle" mit "Schweinsfest" (Schachtfest) dabei. Die Musikanten der hiesigen Blaskapelle spielten fleißig. Es kamen sogar tanzlustige Mädchen und Burschen vom nahegelegenen Grenzort Kaltwasser über den Pansker herunter – in dieses Gasthaus, in dem sich jeder heimisch fühlte.

Außer dem Gasthaus und der Gemischtwarenhandlung führte Herr Franz Czerny auch noch eine Landwirtschaft. Er besaß 6 Stück Vieh und zwei Pferde.

In den Jahren des Zweiten Weltkrieges trafen Herrn Czerny und seine schon erwachsenen Kinder eine ganz traurige Begebenheit: Frau Hermine Czerny erkrankte plötzlich und starb. Das war ein sehr harter Schlag für die ganze Familie.

Nach Abschluss des Kriegs wurden das Gasthaus und die Gemischtwarenhandlung eingestellt und der Besitzer wurde mit den Kindern ausgesiedelt. Das Haus wurde ein Erholungsheim für Arbeiter von einem tschechischen Betriebe.

Nach der Wende standen den heimatvertriebenen Gießhüblern für ihre nun in regelmäßigen Abständen in Gießhübel stattfindenden Treffen der Saal des Hauses und auch die Unterkünfte wieder zur Verfügung. Unter ihnen waren in diesem Hause als Gäste der frühere Bischof von Königgrätz (Otcenasek) mit seinem Gefolge, ein beim Bischof weilender Prälat aus Würzburg, der in Gießhübel 1940 geborene derzeitige Domkapitular Adolf Pohner aus Hildesheim, der zuständige Pfarrer des Ortes, der tschechische Bürgermeister, die Leiterin der dortigen Schule, die Leiterin des ansässigen Museums u.a.


Am 5.4.2001 brannte das Haus bis auf die Grundmauern ab.