Erinnerungen des fast 85jährigen Franz Herzig +

(Plätschla-Herzig)

Franz Herzig bekam von seiner Nichte und deren Gatten, die ein paar Tage in Gießhübel waren, einen Brief mit einem Bild von seinem Vaterhause, und erfuhr, dass Tschechen aus Prag das Haus als Ferienwohnung benutzten, es aber auch in gutem Zustand erhielten. Nun schreibt er:

"In Gedanken ging ich hinein. In der Wohnstube sah ich den alten Kachelofen mit der breiten, einladenden Ofenbank, die ich damals nach dem unglückseligen Brande selber angefertigt hatte. Ich sah im Geiste meinen Vater hinter dem Webstuhl, Arme und Beine bewegend, das Schifflein mit der eingelegten Garnspule hin- und herziehend. Wie viele tausend Meter er wohl in seinem Leben gewebt hat? Ich entsinne mich, dass er es, besonders vor Weihnachten, in vielen Nachtstunden bis auf 200 m in der Woche gebracht hat!

Ich habe meinen Vater immer bewundert, weil er es nebenbei noch fertig brachte, bis zu 60 Seiten lange Theaterstücke auswendig zu lernen. Dazu kamen noch die langen Wege zu den Proben, oft bei Schneegestöber. Im Nebenstübel stand der prall gefüllte Schrank mit Theaterstücken, meist mit handgeschriebenen Rollen. Ich kann mich nur noch an einige aufgeführte Stücke erinnern: "Der Pfarrer von Kirchfeld", - "Bruder Martin", - "Der Gewissenswurm", - "Ein toller Einfall" – "Der zerbrochene Krug" – "Die Grille", - "Johannisfeuer", - "Donkelstonde bei Trepplazenzan", - "S´Nullerl" usw. Auch Singspiele und Operetten kamen zur Aufführung ("Das Reserl vom Wörthersee" oder "Schwarzwaldmädel"). Der Reinerlös kam immer wohltätigen Zwecken zugute (Schulspeisung, Kirchenglocken, Kriegerdenkmal). An die 40 Jahre war mein Vater am Theaterwesen beteiligt, mitunter auch als Leiter. Ich erinnere mich an 3 Bühnen, und zwar bei Jirku und Czerny, ob es auch in Untergießhübel noch eine hatte, entzieht sich meinem Wissen.

Mein Vaterhaus stand an einem Berghang, inmitten grüner Wiesen, von etlichen Kirschbäumen umrahmt. Hinter dem Hause zogen sich die Felder bis in 800 m Höhe zum Pansker hinauf, der die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich, später Tschechoslowakei, bildete. Während des 1. Weltkrieges, der Vater stand an der Front und hatte auch eine schwere Verwundung, mussten wir 7 Geschwister schon hart zupacken, um einigermaßen den Hunger zu stillen.

Es war spärlich, was der Berg für eine neunköpfige Familie hergab, besonders nach einem trockenen Sommer. Pilze, Erd- und Blaubeeren, sowie Kirschen mussten zur Ernährung beitragen. Unser letztes Feld am Pansker oben, es hatte die Größe eines Fußballplatzes, duftete beim Abmähen ganz würzig nach Heilkräutern. Schon als Zwölfjähriger habe ich das Dengeln der Sense gelernt und war besonders stolz, wenn ich den Dengelstock zwischen zwei Staaten aufpflanzen konnte am Berg droben.

Zu erwähnen wäre noch, dass der Kuhmist in Butten auf dem Rücken auf die Felder hinaufgetragen werden musste, heruntergefahren wurde dann die Ernte auf Schlitten. Niemals werde ich vergessen, dass bei einem herannahenden Gewitter der Vater die Familie weckte und wir unter Donner und Blitz, den Schlitten am Rücken, auf den Berg zogen, um das Korn, unser täglich Brot, zu bergen. Unvergessen bleibt auch der Blick zur Hohen Mense, wenn sie von grellen Blitzen erleuchtet war.

Das schwerste Los hatte unsere Mutter zu tragen, vor allem im Krieg. Das kommt einem erst im Alter so recht zum Bewusstsein. Selbstlos, bescheiden, immer bemüht, für die große Familie dazusein. Auch die zwei Kühe, Kälber und Ziegen und etliche Hühner betreute sie liebevoll. Heute wird nur gewinnbringend gezüchtet. Bei uns hatten es die Tiere besser. Es wurde genügend Stroh gestreut und sie hatten Bewegungsfreiheit.

Das Leben im Gebirge war wohl hart, aber trotzdem schön. Die Arbeitslosigkeit zwang mich zum Verlassen der Heimat und erst in der Fremde wurde mir so recht bewusst, was mir meine Adlergebirgsheimat bedeutete. Ich muss gestehen, ich hatte oft Heimweh!"

Ergänzung:

Om Ewergießhiewel, om Rande dua, is a geborn on wor Theater-Herzigs Suhn, der Franz. Ols junger Mensch is a uf Braune geganga, weil dart die Verdienstmöglichkeita besser worn, on dart hot a ach seine Elsa geheirot. Etze ... is a Braunscher on Gießhiewler zugleich.... A is ols jonges Katzla viel gewandert, on do gehorte zo der Ausrestung vo dm Pärschla a Aßgescherre, wies die Soldota hon. Weil ober die Herzichn do derfier kai Geld hotte, do hung se em Franzla a Plätschla em. On da Nome bliew em:

Plätschla-Herzig.
 

Aus: "Mei Heemt" 1988 / 1, Seite 36 und 1988 / 2, Seite 91, zusammengestellt von T.F.