Aus Gießhübels Vergangenheit
Inhaltlich berichtigte Originalschrift

Veröffentlicht von Josef Schintag im Jahre 1965 im Heimatkalender "Trostbärnla"

Nachstehendes ist zum Teil dem Gedenkbuche der Gießhübler Pfarre entnommen, einzelnes wurde von einem Gießhübler Einwohner, namens Ignaz Grimm, mitgeteilt, der sich des Rufes erfreute, die lebendige Chronik von Gießhübel zu sein. Die uralten Schriften, sowie die Chronik der Gießhübler Gemeinde sind im Jahre 1861 ein Raub der Flammen geworden, denn am Kirchweihtage des genannten Jahres ist Gießhübel, das sogenannte "Staadtla" gänzlich abgebrannt. Der Brand entstand um 10 Uhr abends aus der Scheuer des Anton Schrutek aus ungeklärter Ursache.

Gießhübel ist in einer unbekannten Zeitperiode, und zwar wie erzählt wird, von Tirolern angelegt worden 1.) in dem zwei Stunden langen, von zwei Bergketten gebildeten Tal, das von einem Bache durchflossen wird, der am Nordabhange der Hohen Mense entspringt und unterhalb der Frimburg in einem wilden Felsental (die "Hölle" genannt) in die Mettau mündet. Das Bächlein fließt in der Richtung von Osten nach Westen und heißt im Volksmunde "Goldbach", während ihn Prof. Umlauft in seinem Werke "Die Österreich-Ungarische Monarchie" den "Alscherbach" nennt.

Große Wälder bedeckten den Boden und gehörten bis 1538 zur Burg und Herrschaft Frimburg, dann zum Schloss Opotcno, deren Besitzer häufig zur Jagd kamen und in Gießhübel auch ein Jagdschloss erbauen ließen, u. zw. an der Stelle, wo heute das alte Rathaus steht. Die Gießhübler kauften später dieses Jagdschloss um
1100 rheinisches Geld und verwandelten es in das Rathaus. Die ersten Ansiedler sollen das Waldtal wieder verlassen haben und neue Ansiedler aus den benachbarten tschechischen Ortschaften, wahrscheinlich aus Dobrschan, das damals ein nicht unbedeutender Ort war, sind in dieses Tal gekommen und werden als die eigentlichen Gründer des Ortes bezeichnet. Deren Namen sind Wondrejz, Klar, Stonner und zwei Stonjek, also fünf Ansiedler. Gießhübel hieß ursprünglich und heißt heute noch auf tschechisch Olesnice (etwa Erlenort), wahrscheinlich nach den vielen Erlen, die längs des den ganzen Ort durchfließenden Baches in großer Anzahl wuchsen, nun aber fast gänzlich umgeschlagen sind. Noch jetzt heißt eine am Unterlauf des Baches gelegene Mühle die "Erlenmühle". (Heute Weberei Schroll.)

Die Bezeichnung Gießhübel wird dahin gedeutet, weil unter einem am östlichen Ende des Staadtla gelegenen Hübel (heute Dinterhübel genannt) Eisen geschmolzen und gegossen wurde, während am westlichen Ende des Ortes gehämmert wurde 2.).
Gießhübel, an der Straße von Opotschno nach Lewin liegt an der nordöstlichen Grenze Böhmens gegen die Grafschaft Glatz, von welcher es im Norden und Nordosten und Osten umschlossen ist und grenzt im Norden und Nordosten an die zur preußisch-glätzischen Pfarrei Lewin gehörenden Dörfer, Tassau, Kuttel und Kaltwasser. Im Osten grenzt es an die zur preußisch-glätzischen Pfarrei Reinerz gehörenden Ortschaft Grenzendorf. Im Süden hat Gießhübel den Pfarrbezirk Sattel und im Westen den tschechischen Pfarrbezirk Neuhradek zu Nachbarn, so dass es südlich das Dorf Pollom, westlich einige Häuser der Neuhradeker Pfarrdörfer Rzy (Gebreeche) und Dlouhy begrenzen.

Die Plebanie (Pfarrsprengel) Olesnice, gehörig zum Dekanat Dobruschka wird 1354 zum erstenmal in den Konfirmationsbüchern bei der Erzdiözese Prag erwähnt. In diesem Jahr präsentiert Mathias von Friedenburg, Herr auf der Frimburg den Lyriker Mathinus anstelle des verst. Pleban Mathias zum neuen Pleban Olesnice. Diese Pfarrkirche wird aber in allen Registern als "pauper" (arm) bezeichnet und zahlt daher keinen Papstzehnt. – 1503 wurde die Kirche vom Grundherrn neu aus Holz erbaut und gehörte bis 1704 als Filiale zur Dekanatskirche Dobruschka. Die in den Jahren 1703/05 neu in Stein erbaute Kirche zu St. Maria Magdalena war zunächst eine Filiale der 1704 zur Pfarrkirche erhobenen Kirche in Sattel. Im Jahre 1743 haben Ihro Exzellenz Herr Rudolf von Colloredo, auf dessen Majoratsherrschaft Opotschno die Lokalie Gießhübel lag, auf inständiges Bitten der Gießhübler bei Ihro bischöfl. Exzellenz den hochw. Johann Josef Grafen Vratislav Martinec, Bischof zu Königgrätz darum anzuhalten geruht, damit in dem Stadtl Gießhübel zur bequemeren Versehung der christlichen Troste der allda wohnenden und von ihrer Pfarre entfernten zahlreichen Seelen ein stets allhier residierender Kaplan eingesetzt würde. Eben zur selben Zeit handelte es sich um eine bequemere Wohnung für den Pfarrer in Sattel P. Josef Killinger. Allein der Sattler Bauer Christoph Pohner weigerte sich, den zur Erbauung des Pfarrhauses bequemeren Platz gegen gleiche Entschädigung des p. t. Patrons auf seinem Grunde abzutreten.

Als nach einer zu diesem Zwecke gehaltenen Consistorial-Kommission der erwähnte Besitzer bei seiner Weigerung verharrte, wurde entschieden, dass das Pfarrbeneficium von Sattel nach Gießhübel übertragen werden sollte. Im Einklange mit dieser Entscheidung und der Bestätigung des p. t. Patrons wurde am Feste Allerheiligen sogleich nach abgehaltenem Gottesdienste das Allerheiligste in feierlicher Prozession von Sattel nach Gießhübel übertragen. So wurde die bisherige Filialkirche Gießhübel zu einer Pfarre erhoben und die Sattler Pfarre per modum filialis administriert.

Fünf Jahre blieb Gießhübel eine Pfarre. Auf vieles Bitten der Sattler Insassen wurde nach dieser Zeit, die bereits 40 Jahre in Sattel bestehende Pfarre wieder hergestellt und in Gießhübel verblieb ein capallanus localis. Wegen der vermehrten Seelenzahl wurde 1787 dem Gießhübeler Lokalseelsorger auch ein cooperator beigegeben. 1853 wurde Gießhübel zu einer Pfarre laut Statthalterei-Erlass vom 31. III. 1853, Zahl 1481 erhoben.

Im Jahre 1503 muss Gießhübel bereits ein nicht unbedeutendes Gebirgsdorf gewesen sein. 1772 zählte es 182 Häuser. Die ursprünglichen Einwohner, rechte Nachkommen der bereits genannten fünf Gründer, sollen tschechisch gesprochen haben, wiewohl wegen der Nähe deutscher Orte sich auch, besonders im Oberorte Deutsche ansiedelten. Lange Zeit herrschte das Tschechische vor, sowohl bei öffentlichen Verhandlungen, beim Gottesdienste, als auch im Umgange. Später nahm die deutsche Sprache überhand, namentlich als nach der Durchreise Kaiser Josef des II. in Gießhübel eine deutsche Schule gegründet wurde u. zw. 1780. Vor 1780 wurde von einem gewissen Wondrejz, der die Kinder in seiner Stube versammelte, in tschechischer Sprache Unterricht erteilt. Jeden Sonnabend sammelte er von den Kindern (Schülern) seinen sogenannten "Sabotarek" (Sobota = Sonnabend) ein und zwar von jedem Schüler einen Kreuzer.

Aus der ehemals bestandenen Eisengießerei von Gießhübel, deren Arbeiter Tschechen waren, stammen in Gießhübel vier Stücke u. zw. drei Ofentöpfe, einer im Lokaliegebäude mit einer zwischen zwei Reifen eingegossenen Inschrift "1680 Adam B.) der andere im Hause des Josef Novotny, gewesenen Ortsvorstehers mit der Inschrift "Leta Pane 1682" und der dritte im Besitz des Ignaz Grimm mit der Inschrift "Olesnice 1665", ferner ein eiserner Mörser mit der Jahreszahl 1687. Aber bald nach den angegebenen Jahren ging die Eisenschmelze und der Eisenhammer aus unbekannten Ursachen ein, denn 1704 wird ihrer als nicht mehr bestehend gedacht.

Die Schmelze war da, wo jetzt die Krütznermühle, ehemals Schramm & Rauschamühle, auch Hackaufmühle steht. (Letzter Besitzer vor der Vertreibung Friedrich Kossek im Buschdörfel.) Sie wurde vom Wasser getrieben, welches aus dem nun abgelassenen, in Wiesengrund verwandelten oberen Teiche floss. Anfang des 19. Jahrhunderts hieß dieser Teich Moschnitschka-Teich und wurde wohl um diese Zeit abgelassen und in Wiese verwandelt. Ein Teil des Dammes steht noch. (Hinter dem Ende der Seufzerallee rechts vom Felsen.)

Der Eisenhammer aber stand am Unteren Teiche und wurde durch den von der Erlenmühle dahin geleiteten Bach in Bewegung gesetzt, daher der Hammerteich genannt wurde und der oberhalb desselben stehende, ehedem herrschaftliche Hof der "Hammerhof" und jenseits des Baches auf reichsdeutschem Boden stehendes Wäldchen, das Hammerbüschl genannt wird. Der Eisenhammer, recte Hammerhof soll erst von den Grundherrn auf Opotschno, den Herrn Trtschka von Lipa errichtet worden sein, also 1538. Von der erwähnten Eisenschmelze talaufwärts dehnten sich Wälder und Hutweiden aus.

Gegen Ende des 18. Und Anfang des 19. Jahrhunderts wurden etwa 20 neue Häuser gebaut und begrenzten gegen das Gebirge zu den zuerst bevölkerten Teil von Gießhübel (Jetzt "Staadtla" genannt) d. i. der Marktplatz und die angrenzenden Häuser. Das dann sich wieder ausbreitende Tal östlich (Obergießhübel) war wieder bewohnt und die dort befindlichen Häuser bildeten noch im Pfarrbuch v.J. 1743 einen eigens benannten Ort "Lhota", d. i. Ansiedlung, Kolonie. Hieraus soll das jetzt gebräuchliche Wort "Nellhottental" entstanden sein, womit man jene Gegend im gemeinen Leben bezeichnet. (Heute die Bleiche). Nach anderem will man diese Bezeichnung von Nagelhütten (Nälhetta, Nagel heißt in der Mundart "Näl") ableiten, die dort bestanden haben sollen, wie alte Leute behaupten. Am äußersten Talausgang (an der Grenze gegen Reinerz) steht eine uralte Schenke "Die Schnappe" mit einigen fünf Häusern und einem Forsthause. Woher der Name stammt, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Einige halten dafür, dass hier ein Schnepfenfang bestanden haben soll, andere leiten diese Bezeichnung von schnappen, lauer, fangen her, weil hier an der Grenze ein Grenzkordon bestand, bekannt unter dem Namen "die alte Aufsicht", an deren Spitze ein Leutnant stand, der in Gießhübel wohnte und dem die Bewachung der Grenze obliegen musste.

Nennenswert sind besonders drei Männer, die zu Ende des 17. Jahrhunderts den wenig bedeutenden Ort mächtig emporhoben. Es waren dies Ihro hochgräflichen Gnaden Herr Hieronymus Graf von Colloredo, ein dem Ort hochgewogener Wohltäter. (Die mündliche Überlieferung bezeichnete die Gutsherrschaft Opotschno als eine sehr gütige, während die Beamtenschaft als grausam hingestellt wird) und der rastlose erste Oberrichter des Ortes, Daniel Hieronymus Stonner und als dritter ein gewisser Obst. Genannter Graf Hieronymus kam auch einst in diese Gegend und in Pollom traf er einen Gänsejungen namens Herzig, der ihm wegen seines munteren und aufgeweckten Wesens auffiel. Er nahm ihn mit nach Opotschno und machte ihn später daselbst auf einem Meierhofe zum Schaffer. Nachträglich wurde er Oberamtmann auf der Herrschaft, tat sich im siebenjährigen Kriege besonders hervor, so dass er vom Kaiser geadelt und den Namen "von Herzfeld" bekam. Pollom, ein etwa 2 km südöstlich von Gießhübel gelegenes Dorf, gegründet von den Kohlenbrennern Pabel und Schmidt, die in früherer Zeit von der Gutsherrschaft Opotschno von dem Gute Dobris bei Pilsen nach hier gesandt worden waren, um das Kohlenbrennen zu betreiben. Noch heute nennt man einen ca. 1 km südöstlich vom Stadtl gelegenen Komplex die "Brända", wo seinerzeit Kohlenmeiler gestanden haben, ebenso weiter im Tale gegen die Mense und auf ihrer selbst findet man noch heute Spuren der dereinst hier gestandenen Kohlenmeiler. Der Name "Brandschlag" auf der Mense, heute eine junge Anpflanzung, erinnert noch daran. Desgleichen die Bezeichnung Kohlgraben (Kohlgrowa).

Obengenannter Graf hat auf Fürbitte des Hieronymus Stonner dem Orte:

  1. die Erhebung zum Städtchen im Jahre 1706 und das Recht, 2 Jahrmärkte und jeden Donnerstag einen Wochenmarkt zu halten in demselben Jahre bei Sr. Majestät dem Kaiser Josef I. erwirkt, dem Daniel Hieronymus Stonner zum Oberrichter konstituiert und in die Pflicht genommen, danebst den bisherigen Richter und 5 Geschworene als Ratsmänner der Gemeinde vorstellen zu lassen.

  2. Das Städtchen gegen Bezahlung jährlicher 400 fl. Der untertänigst schuldigen Robot gnädig erlassen,

  3. die Emporbringung des Städtchens und seiner Märkte den Opotschner obrigkeitlichen Personen dringendst eingeschärft.


Alles dies trat aber erst auf wiederholtes demütiges Ansuchen der Gießhübler Bewohner im Jahre 1715 ins Leben. Hierauf hat der edle Graf dem Städtchen einen dritten Jahrmarkt erlaubt.

  1. wurde dem Gerichte die Staubsäule oder den Pranger aufzustellen erlaubt,

  2. und die ihm auf dem Schlosse zu Opotschno gewesene Schlaguhr nebst den zuvor auf dem Frimburger Schosse befindlichen zwei Uhrschalen verehrt. Alles dies geschah 1718 auf vielvermögende Fürbitten des Oberrichters. Durch denselben tätigen Eifer wurde die hiesige Kirche neu erbaut, mit Sitzbänken und einer Orgel, sowie einer steinernen Stiege versehen. (Als Magdalenenstiege bekannt.)

  3. Der Ringplatz erweitert und gereinigt, überhaupt alles getan, was so schwache und beschränkte Kräfte zur Emporbringung des Vaterortes nur immer zu leisten vermochten.


In den schweren Kriegsjahren, welche 1740 begannen, litt das Städtchen, zumal es Grenzort wurde, unbeschreiblich viel. Nicht selten wurden hiesige Bürger als Geiseln hinweg geführt. Die überhand nehmende Teuerung rief auch hier Krankheiten hervor, infolge deren i. J. 1772 über 100 Menschen starben. Nach der Abtretung Schlesiens an Friedrich II. v. Preußen gestaltete sich Gießhübel zu einem Grenzorte. Er erhielt eine Grenzwache (s.o.). Die frühesten Einwohner, begünstigt von großen, sie umgebenden Waldungen, erwarben ihren Lebensunterhalt durch Kohlenbrennen, verfertigten Nägel, hölzerne Koch- und Esslöffel, Teller, sammelten Kümmel und verfuhren die Waren auf Schubkarren bis nach Brassl (Breslau).

In der Taufmatrik von 1777 liest man die Namen Kohlenbrenner, eigentlich Aschenbrenner, Löffelmacher, Schindelmacher.

Auch die Eisenschmelze und der Eisenhammer gewährten früher vielen eine einträgliche Beschäftigung. Später trat auch Leinwanderzeugung auf. Die, welche Felder besaßen, bauten Flachs an. Derselbe wurde gesponnen, gewebt und auch gebleicht u. zw. Auf Rasen bei den Häusern. Noch heute heißt ein Haus im Nelhottental "die Bleiche". Eigentlich heißt das ganze Seitental "die Bleiche". Anfangs wurde nur rohe Leinwand, später auch feinere verfertigt. An ihre Stelle trat später der Billigkeit wegen, die Baumwollwarenerzeugung. Anfangs wurden aus türkischer Wolle teure und schöne Sachen erzeugt, der sogenannte "Metzulan" zu Frauenkleidern von grüner und veilchenblauer Farbe. Hierauf wurde lange Zeit nur roher Kattun erzeugt. Die erzeugten Waren wurden per Achse von den sogenannten Ausgebern bis Wien, Prag, Kanitz in Mähren verführt. Das Handwerk war durch drei Innungen (Schneider, Schuster und Müller) und eine Genossenschaft der Weber vertreten. Diese besaß das Privilegium, dass die angrenzenden Ortschaften ohne ihre Erlaubnis keinen Lehrling aufnehmen, keinen Gesellen freisprechen durften und auch kein meister sich ansässig machen konnte.

1820 waren 1723 Einwohner in der Gemeinde

1825 " 1855

1830 " 1945

1835 " 2045

1840 " 2199

1845 " 2229

1890 " 2288

1898 " 2347

Im Jahre 1847 brach infolge von Missernten eine große Teuerung und Hungersnot in Gießhübel aus. Die Leute buken Brot aus Kleie und Kartoffeln, nährten sich von Brot, Kleeköpfen, Sauerampfer und sammelten das Staubmehl von den Dielen der Mühlen. Ein Strich Korn wurde mit 30 fl. (Gulden) bezahlt. Am Gießhübler Bürgermeisteramte wird eine Petschaft aufbewahrt, aus der zeit stammend, in welcher Gießhübel zum Stadtl erhoben wurde. Darauf ist zu lesen "Stadtl Güssiebler Insiegl 1710". Laut Gedenkbuch der Kronstädter Pfarre, Bezirk Rokitnitz im Adlergebirge, folio 8, steht verzeichnet, dass am 5. September 1779 Kaiser Josef II. nach Anhörung der hl. Messe in Kronstadt seinen Weg über Gießhübel in Begleitung Sr, Exzellenz des Herrn General Wurmser u. d. Generals Brown und anderer Offiziere eingeschlagen hat. In Gießhübel soll er am Marktplatze gehalten haben und aus dem hier befindlichen Brunnen (Röhrenkasten) Wasser getrunken haben. (Die "Biete" mitten am Ring). Bei Vorstellung der angesehensten Bürger lernte er auch den Sohn eines gewissen Obst, desselben, der sich um die Hebung Gießhübels viele Verdienste erworben hat, kennen. Der junge Mann gefiel ihm so gut, dass er ihn mit Bewilligung seines Vaters mitnahm und ihn in ein Militärstift gab, wo er zum Offizier ausgebildet wurde. Er wurde Artillerie-Offizier, besuchte als Major seinen Heimatort und starb als Oberst. Ferner hat Josef II. auf seiner Weiterreise nach Josefstadt einer Gießhüblerin (Elisabeth Stonner), die mit Leinwand hausieren ging, Ein Stück Leinwand um viel Geld abgekauft.

In dem Werke "Tagebuch der Geschichte v. Böhmen" III. Seite 87 heißt es: "1759 am 8. August, General v. Itzenplitz schlägt den General Laudon bei Gießhübel", doch die hier lebenden ältesten Leute wussten diesbezüglich nichts zu berichten.

Am 20. Mai 1633 durchzogen Gießhübel 5 Kompanien florentinischer Reiter in der Richtung nach Lewin, auch Colloredo- und Wallenstein-Regimenter. Am 27. Juni 1639 durchzogen die Schweden Gießhübel nach der Grafschaft, wobei tüchtig geplündert wurde.

Es lässt sich nicht nachweisen, ob schon vor der Anstellung eines eigenen Seelsorgers eine Schule in Gießhübel bestanden hat. Sehr wahrscheinlich nahm sie mit dem bestellten Seelsorger ihren Anfang. Sie stand lt. Pfarrchronik anstelle des Hauses Nr. 7 (Heute der Garten zwischen dem Pfarrhaus und dem Postgebäude). Es war ein kleiner enger Raum und lässt nur auf eine kleine Anzahl von schulbesuchenden Kindern schließen. Der erste Lehrer soll nach mündlicher Überlieferung Grimm geheißen haben und war ein Gießhübler. Als zweiter Lehrer wird ein Mathias Wondrejz, auch ein Bürger Gießhübels, genannt. Unter ihm erwies sich der Schulraum zu klein und so erteilte er den Unterricht in seinem Hause Nr. 10. Das Schulzimmer war zugleich auch die Wohnung seiner Familie. Mathias Wondrejz wurde 1696 in Gießhübel geboren und starb 1772. Ihm folgte sein Sohn Josef, der als Lehrer in Trautenau geprüft wurde. 1782 erhielt er einen Gehilfen namens Rolletschek. Nach dessen Beförderung kam ein gewisser Weihrauch und 1786 ein Ignaz Rolletschek. 1796 resignierte Josef Wondrejz und Ignaz Rolletschek wurde sein Nachfolger.

Nach dem Besuche Kaiser Josef II. kaufte die Gießhübler Gemeinde von einem gewissen Prokop Wondrejz, Ratsmann, das auf dem Marktplatz stehende Haus Nr. 11 (heute Nr. 15, letzter Besitzer Ldm. Adolf Scheftner, Bäckerei) und erbaute 1786 an dessen Stelle ein hölzernes Schulhaus mit einem Lehrzimmer und einem Wohnzimmer zu ebener Erde und einem Dachzimmer. Aber erst 1789 wurde sie (die Schule) vom Lehrer Josef Wondrejz bezogen und darin unterrichtet. Am Giebel des Hauses konnte man die Inschrift lesen:

"Kaiser Joseph Der Zweyte haben einen Schvlbav anerkannt".

Anmerkung: Pfarrer Anton Rohacek gab am 10. Juli 1934 dem Messner Alois Kossek (verstorbener erster Gemeindebetreuer) bekannt, dass der Friedhof von Gießhübel seit 1354 bestehe und bisher (1934) cirka 20 000 Menschen daselbst begraben wurden. Der erste Lokalkaplan hieß Anton Smerkofsky und kam 1743 nach Gießhübel.

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Als derzeitiger Gemeindebetreuer meiner Heimatgemeinde Gießhübel im Adlergebirge, Kreis Grulich, jetzt wohnhaft in 5928 Laasphe/Westf., Bäderborn 34, habe ich das Bedürfnis, zu dem fast 6 Seiten langen Berichte "Von Gießhübels Vergangenheit" noch einiges hinzuzufügen:

Das Eisenerz für die Schmelze bzw. Gießerei wurde auf dem südöstlichen Teil des Pansker (Höhenzug auf dessen Kamme die Reichsgrenze verlief), oberhalb des Gasthauses "Zur Schnappe" im Grenzwalde (Granzapusch) gewonnen. Die Schächte, im Volksmunde als Erzgruben bezeichnet, befinden sich etwa 50 Schritte von dem an der Reichsgrenze stehenden "Schwedenkreuze". Dieses wurde wahrscheinlich als Gedenkkreuz an den verheerenden Durchzug der Schweden errichtet, auch vermutet man, dass an diesem Orte gefallene Schweden ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Das Eisenerz wurde von den Schächten aus durch einen Stollen an die Bezirksstraße befördert, welche vom Staadtla aus durch Obergießhübel an der Schnappe vorbei zum "Schwarzen Kreuz" (Grenzübergang, auch als Schwarzer Kreuz-Pass bekannt) führte. Oberhalb der Schnappe, kurz vor der Einmündung des Holzabfuhrweges aus dem Grenzwald in die Bezirksstraße, konnte man den verfallenen Stolleneingang noch erkennen. In jungen Jahren habe ich selbst die Erzgruben aufgesucht. Die Schächte waren mit Wasser aufgefüllt und durch einen Holzzaun umfriedet. Es dauerte einige Sekunden ehe man einen eingeworfenen Stein auf der Sohle aufschlagen hörte. Auf die Eisenerzfunde und Erzverarbeitung in der benachbarten Grafschaft weisen noch einige Flurnamen hin.

Nach mündlicher Überlieferung waren die Häuser des im Jahre 1861 abgebrannten Staadtlas größtenteils aus Holz und mit Lauben versehen, ähnlich wie in dem Adlergebirgs-Staadtla Rokitnitz.
Gießhübel zählte im Jahre 1910 2041 und 1939 nur noch 1285 Seelen.

Wann und vom wem die Urschrift dieses Berichtes niedergeschrieben wurde, ist mir nicht bekannt. Dem letzten Gemeindesekretär von Gießhübel, Ldm. Hugo Wondrejz, welcher bis zu seiner Aussiedlung Gemeindesekretär bei den Tschechen noch untergeordnete Schreibdienste tun musste, gelang es, den Bericht abzuschreiben und in die Vertreibung mitzunehmen. Nach dessen Tode i.J. 1951 in der SBZ gelangten seine Aufzeichnungen in die Hände eines heimatbewussten Gießhüblers und erst dieses Jahr kam ich in den Besitz einer Abschrift. Über die letzten 100 Jahre ist im Bericht nichts verzeichnet und ich will mich bemühen, soweit dies möglich, es nachzuholen. Die in dem Bericht angeführten Familiennamen: Wondrejz, Klar, Stonner, Stonjek, Grimm, Obst und Rolletschek waren bis zur Vertreibung noch stark vertreten.

Nachwort: Einige, in der übermittelten Originalschrift enthaltene Irrtümer sind im vorliegenden Texte korrigiert.

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Anmerkungen:

1.) Ist nur Volkssage, denn Tiroler Holzknechte wurden erst in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts aus dem Riesengebirge in das Adlergebirge verpflanzt. Der Kern des Städtchens war eine der vielen alten, aber sehr kleinen tschechischen Siedlungen in dieser Gegend. Die beiden zur Gemeinde gehörigen Ortschaften Ober- und Unter-Gießhübel wurden erst später (16. Und 17. Jahrhundert) von deutschen Siedlern gegründet.

2.) Diese Ortsnamensdeutung ist nur Volksetymologie. Es gibt sehr viele Orte dieses Namens (auch in der Form Gießhübel). Eine eingehende Untersuchung aller dieser Orte hat ergeben, dass der Name mit Wasser im Zusammenhange steht. –

Aus der Steuerrolle v. J. 1654 ergibt sich: Ansässig waren 14 Bauern mit zusammen 394 Strich Ackerland, 23 Häusler mit zusammen 137 Strich Ackerland und 11 Gärtner ohne Landbesitz, dazu noch 15 wüste Gärtnerstellen. Aus diesen Angaben kann man schließen, dass die Einwohnerzahl damals 300 Personen betrug.

Das Ausmaß des Ackerlandes des einzelnen Bauern betrug im Durchschnitt 28 Strich, wie es in diesen Gebirgsgegenden mit langen Wintern üblich war. Die Güte des Bodens wird in die 2. Klasse gewertet, d. h. mittelmäßig. Vom gesamten Ackerland, nämlich 531 Strich, betrug anteilig: Wintersaat 24%, Frühjahrssaat 38%, Brache 38%. 1 Kuh fiel auf 3,4 Strich, 1 Gespann auf 18 Strich. Der gesamte Viehbestand war: 29 Gespanne, 155 Kühe. 126 Geltrinder. (1 Strich = 0,2877 ha). Außer 1 Müller wird kein Handwerker genannt. Die Bewohner zu dieser Zeit weisen überwiegend tschechische Namen auf,
z. T. vielleicht nur in der Rolle vertschecht geschrieben. Der Eisenhammer wird nicht erwähnt.

Volkszählung 1930:

Die Gemeinde Gießhübel hat ein Ausmaß von 1383 ha, 338 Häuser mit 1425 Einwohnern, davon 1153 deutsch, 247 tschechisch, 25 Ausländer, 1391 Bewohner sind röm. kath., sechs evangelisch, neun tschechoslowakisch, 19 ohne. Die Gemeinde bestand aus dem Markte Gießhübel selbst (128 Häuser) mit dem Ortsteil Kuttel (1 Haus) und 5 weiteren Häusern, insgesamt 605 Einwohner. Dann aus der Ortschaft Unter-Gießhübel (84 Häuser) mit dem Ortsteil Hammerhof (1 Haus) und Kuttel (3 Häuser), insgesamt 333 Einwohner. Ferner aus der Ortschaft Ober-Gießhübel (115 Häuser) mit dem Ortsteil Schnappe (1 Haus), insgesamt 487 Einwohner.