Unsere Kirche


Kirche "Maria Magdalena" in Gießhübel

Nordwestlich vom Ringplatz erhebt sich auf mäßiger Anhöhe, den ganzen Ort beherrschend, unsere einfache, schlichte Ortskirche, geweiht der hl. Maria Magdalena.

Wann deren erste Gründung erfolgte, ist ungewiss. Die ältesten Nachrichten hierüber besagen, dass Mathias, Besitzer der Herrschaft Frimburg, im Jahre 1354 der Gießhübler Kirche einen Pfarrer gab. Auch in den folgenden Zeiten werden die Besitzer der Herrschaft Frimburg als deren Patrone bezeichnet. Nachrichten aus dem 15. Jahrhundert fehlen, und es liegt die Vermutung nahe, dass unsere Kirche durch Hussitenstürme hinweg gefegt wurde.

Erst Nachrichten aus dem beginnenden 16. Jahrhundert besagen, dass Gießhübel eine Kirche besitzt. Wir finden in alten Schriften hierüber folgendes: "Hiebei habe den nachkommenden Inwohneren dieses Städtels nötig anzumerken, dass die alte hölzerne Kirche, worin man bei dem Abbrechen an etlichen Orten die Jahreszahl vorfand `1503 auferbaut´, anno 1702 abgebrochen und anstatt mit Gottes und gutherzigen Christen Hilfe mit harter Mühe diese steinerne Kirche zu bauen angefangen und anno 1705 vollendet wurde."

Demzufolge wurde die frühere hölzerne Kirche im Jahre 1503 erbaut. Nachdem dieselbe baufällig geworden, wurde sie im Jahre 1702 niedergerissen und unter dem damaligen Oberrichter D. H. Stonner 1703 – 1705 neu aus Stein in der heutigen Form aufgebaut. Die Jahreszahl über dem Seitengange bezeugt dies. Der Baumeister war Kaspar Klinkert aus Habelschwerdt. Im Jahre 1706 begann der Bau des Kirchhofes, 1707 wurde die Kirche mit einer Orgel versehen, welche der Orgelbauer Ferd. Helbig aus Heidisch bei Grulich aufstellte. Sie kostete 100 Rhein. Gulden. Die steinerne Stiege zur Kirche wurde im Jahre 1710 erbaut, das Material hiezu schenkte Baron Hartig aus Rückers.


Magdalenenstiege,
Aufgang zur Kirche in Gießhübel

Während dieser ganzen Zeit war die Gießhübler Kirche eine Lokal-Kirche, zum Sattler Pfarrsprengel gehörend. Als sich jedoch die Sattler Gemeinde weigerte, zur dortigen neuerbauten Kirche ein entsprechendes Pfarrhaus zu bauen, wurde mit Bewilligung des Bischofs von Königgrätz und des Herrschaftsbesitzers Graf Rudolf von Colloredo der Sitz des Pfarrers von Sattel nach Gießhübel verlegt, Gießhübel also zu Pfarrei erhoben, Sattel dagegen in eine Lokalie umgewandelt. Dies geschah durch Urkunde vom 18. Oktober 1743. Allerdings wurde diese Rangerhöhung auf wiederholtes Bitten der Sattler Ortsinsassen bereits am 17. Jänner 1750 rückgängig gemacht, Gießhübel erhielt aber von nun an einen ständig hier wohnenden Kaplan. Die endgültige Erhebung zur Pfarrkirche erfolgte wegen der stetig zunehmenden Seelenzahl am 31. März 1853.

Der Stadtbrand am 21. Oktober 1861 verschonte auch unsere Kirche nicht. Der Dachstuhl und die gesamte Einrichtung wurden ein Raub der Flammen, die Glocken schmolzen. Um den Gottesdienst abhalten zu können, wurde ein Altar in der Wohnung des Pfarrers errichtet, später eine Bretterbude auf der Südseite des großen Turmes. Erst 1862 erfolgte der Wiederaufbau der niedergebrannten Kirche. Die Kosten hierfür wurden meist durch milde Gaben gedeckt, wobei besonders des in Gießhübel geborenen Ignaz Rolletschek, Seelsorger in Wien, zu gedenken ist. Die neue Orgel konnte erst im Jahre 1869 gekauft werden und kostete 700 Gulden, welcher Betrag von einheimischen Wohltätern gespendet wurde. Auf dem großen Turme hingen 2 kleine Glocken und zwei größere; die größte wog 3 q 66 Pfund und stammte aus dem Jahre 1558. Die nach dem Stadtbrande angeschafften Glocken mussten während des Weltkrieges abgeliefert werden, so dass nur eine Glocke auf dem kleinen Turme verblieb. Erst jetzt geht man daran, Spenden zu sammeln für den Ankauf neuer Glocken.


Bauplan für die Kirche nach dem Brande 1861
 

In der hiesigen Kirche sind 3 Personen begraben:

Franz Riedel, Pfarrer in Gießhübel, gest. 6. 6. 1749
Zacharias Jarosch, Bürger in Gießhübel
Eine Frau namens Obst.


Aus dem Archiv des Adlergebirges im Kulturhaus der Stadt Waldkraiburg


Ergänzung:    Die nach dem 1. Weltkrieg gekauften Glocken wurden im 2. Weltkrieg wieder eingezogen (außer dem kleinen "Sterbeglöckchen") und wurden bisher nicht wieder ersetzt. Die Kirche ist bis heute (2001) gut erhalten und wird mit Unterstützung der aus dem Ort stammenden Deutschen immer wieder renoviert und instand gesetzt.
Anfang der neunziger Jahre wurde die Magdalenenstiege, die baufällig geworden war, wiederhergestellt. Die Kirche bekam eine neue, hölzerne Hintertür, die bei gutem Wetter geöffnet bleibt, und da, wo früher die Glastür zum Kirchenschiff hin war, ist ein neues Gittertor, das den Einblick in das Innere der Kirche ermöglicht. Die Vorhäuser am Seiteneingang und vor der Sakristei wurden ebenfalls erneuert. Die Arbeiten wurden von Männern der jetzigen Gießhübler Kirchengemeinde ausgeführt. Die Außenmauer des Friedhofs wurde mit einer zweiten Grundmauer gesichert und auch das „Beinhäusel“ (Leichenkammer), das völlig zusammengefallen war,  befindet sich im Aufbau (Beginn 1999).
Gießhübel hat keine eigene Pfarrei mehr, sondern wird von Neu Hradek aus betreut. Die Zahl der Kirchenbesucher ist so zurückgegangen, dass im Winter 2000/2001 nur noch alle vier bis sechs Wochen ein Gottesdienst in der Kirche in Gießhübel abgehalten wurde. Als im Laufe der Jahre immer weniger Leute zur Messe kamen, blieb auch der zuständige Pfarrer aus Bistrey aus und die Kirche wird nur noch ganz selten und ausschließlich zu ganz besonderen Ereignissen genutzt.

Der letzte deutsche Pfarrer von Gießhübel war Anton Rührich. An ihn erinnert eine Gedenktafel an der Vorderseite der Kirche mit folgender Aufschrift
(in deutscher und tschechischer Sprache) :

Zum Gedenken an
Anton Rührich - Pfarrer in Gießhübel von 1934 bis 1945
geb. 17.4. 1903 in Hermannseifen/Riesengeb.
gest. eines gewaltsamen Todes am 16. 6. 1945 im Mettautal/Peklo
begraben in Slavonov.
R. I. P.

Im Haupteingang der Kirche wurde 1994 auf Antrag der derzeitigen Gemeindebetreuerin Thea Frank mit Genehmigung des damaligen Bischofs von Königgrätz und der Gemeinde Olesnice v Orl. hor./Gießhübel i.A. eine Tafel für die Gefallenen der beiden Weltkriege und für die Opfer der Nachkriegszeit angebracht und im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes mit über 200 Teilnehmern eines Heimatreffens und jetzigen Bewohnern des Ortes von Bischof Karel Otcenasek eingeweiht, dem ein Prälat aus Würzburg, der jetzige Domkapitular Adolf Pohner aus Hildesheim und gebürtiger Gießhübler, der derzeit für die Gemeinde zuständige tschechische Pfarrer Pfeifer und der ehemalige tschechische Pfarrer von Sattel assistierten. Der Gottesdienst war bezogen auf das Leid, das (nicht nur) uns, den Vertriebenen und Ausgewiesenen, widerfahren ist und war geprägt von dem Gedanken an das Tun des Samariters, der dem verletzten, gepeinigten und geschundenen "Fremdling und Feind" Öl in seine Wunden träufelt, damit sie heilen und vernarben mögen. Die Gedenktafel trägt in deutscher und tschechischer Sprache folgenden Text:

Zum Gedenken
an die Gefallenen und Vermissten des 1. und 2. Weltkrieges
und an die Opfer der Jahre 1945 – 46 aus Gießhübel.
Sie mögen in Gottes Frieden ruhen!

 

Unsere Kirche am 9.5.2003 mit der neuen Friedhofsmauer

Im Jahre 2008 wurde das Dach über der Magdalenenstiege erneuert.

Thea Frank