Gießhübel im Adlergebirge

Textauszug aus: Bergland Verkehrsblätter 1934/35
 


Sommerfrische Gießhübel, Adlergebirge, Sudetenland

Vor wenigen Jahren den Erholungssuchenden und Sportlern noch unbekannt, erfreut sich das "Mensestädtchen" Gießhübel i. A. nunmehr einer stetig wachsenden Beliebtheit als Sommerfrische und Wintersportplatz. Nicht aufmachungsreiche Werbung verschaffte dem Ort diesen guten Ruf, sondern einzig und allein seine landschaftliche Lage, deren Schönheit die Besucher nach ihrer Heimkehr in Freundes- und Bekanntenkreisen gerne preisen.

Gießhübel mit seinen 1425 Einwohnern liegt 605 m über dem Meere am Nordwest-Fuße der Hohen Mense, dem schönsten Aussichtspunkte des Oberen Adlergebirges, hart an der Reichsgrenze in unmittelbarer Nachbarschaft der weltbekannten Badeorte der Grafschaft Glatz: Reinerz, Kudowa, Altheide.


Bad Reinerz


Bad Kudowa


Bad Altheide

Durch die ganzjährige, täglich dreimalige Kraftwagenverbindung nach Neustadt a. d. Mettau (Nove Mesto n. Met.) ist es an das tschechoslowakische, durch die im Sommer befahrene Autostrecke Deschnei – Lewin an das reichsdeutsche Verkehrsnetz angeschlossen. Gießhübel ist von Prag und Brünn in fünf, von Breslau (über Glatz – Lewin) in vier Stunden zu erreichen. Die den ganzen Ort durchziehende Bezirksstraße Neustadt – Reinerz trifft am Schwarzen Kreuz (Ostgrenze des Ortes) die von Reinerz kommende neuerbaute "Hindenburgstraße".

Das Städtchen besitzt ein Post- und Telegrafenamt, Fernsprecher, ein Grenzzollamt, ein Elektrizitätswerk, eine öffentliche Bücherei, eine Brauerei und Sitz eines Distriktarztes mit Zahnpraxis und Apotheke, in der Medizinaldrogerie sind für Liebhaber-Lichtbildner alle nötigen Erfordernisse in den gangbarsten Marken erhältlich, Aufnahmen werden hier zu fachgemäßer Ausarbeitung entgegengenommen.

In unmittelbarer Nähe des Städtchens liegt inmitten saftiggrüner Wiesen ein Spielplatz, anregend zu frisch-fröhlichem Tummeln, in Bergesreinheit Licht, Luft und Sonne zu genießen, und wenige Schritte vom Spielplatz entfernt winkt das Freibad, sich in den kühlen Fluten zu erfrischen Und aus diesem Gesundbrunnen neue Kraft zu schöpfen. (Wannenbäder bietet der Gasthof Jirku). Ungemein groß ist die Auswahl an Spaziergängen und Wanderungen, die in der reinen, staub- und fabrikdunstfreien Gebirgsluft immer wieder durch Wald zu reizenden Aussichtspunkten führen, auf denen Bänke zum Ausruhen und Genießen des stets wechselnden, herrlichen Gebirgslandschaftsgemäldes einladen.

Wer auf dem Ringplatze das würdige Ehrenmal für die im Weltkrieg gefallenen Heimatsöhne, den Kriegergedächtnisbrunnen, besichtigt und die über dem Städtchen thronende, 1705 erbaute Kirche mit ihrem malerischen Stiegenaufgange gesehen hat, steige auf die nahe "Seewaldsruhe" und genieße dort vom "Opfersteine" den Blick auf das Städtchen und den ganzen 7 km langen Ort, den Anblick des Mensegebirges und lasse seinen Blick über das von steilen Hängen umrahmte Kuttler Tal, über Lewin, Kudowa, den Tafelberg des Ostasch und über die Vorberge des Riesengebirges mit der Schneekoppe schweifen. Diesen Ausblick wird dem Beschauer Gießhübel für immer lieb und wert machen.


Lewin

Eine Wanderung über den Pansker erweitert den Blick auf den Bergkegel des Hummel, den Heuscheuerrücken und das Eulengebirge. Wer auf dem "Grenzwege" weiterwandert, gelangt zum Schwarzen Kreuz, in dessen Nähe er den Anblick von Stadt und Bad Reinerz bewundern kann. Auf dem Rückwege versäume er nicht, die Adlergebirgsbaude "Schnappe", einen weit und breit bekannten und beliebten Ausflugsort, nur ein paar Minuten von der Reichsgrenze gelegen, kennenzulernen.

Von der Hohen Mense, deren Gipfel nach einstündiger Wanderung in würziger Waldesluft zu erreichen ist, bietet sich ein herrlicher Rundblick auf die schon genannten Gebirge, bereichert um das Reichensteiner-, Spieglitzer- und Altvatergebirge, die Kämme des Adlergebirges und das böhmische Flachland. Auf der Wanderung längs des Kammes blicken wir uns die Silberspiegel der Teiche des Naturschutzgebietes der Seefelder an und wir gelangen zur Hindenburg-, Kronen- und Masarykbaude, von der aus der Abstieg über die idyllisch gelegene "Schierlichmühle", durch das oberste Albatal nach Hinterwinkel oder Deschnei sehr lohnend ist. Weiter sei an beliebten Wanderzielen genannt: Frimburg-Peklotal, Neustadt, Nachod (Schloss des Fürsten Schaumburg-Lippe), Dobrosov mit der Jirasekwarte, Spitzberg, das alpine Antoniental und die reichsdeutschen Kurorte Reinerz, Kudowa und Altheide.


Masarykbaude


Die Schierlichmühle

Für weitere Ausflüge (Riesengebirge, Wölfelsgrund, Glatzer Schneeberg, Mazocha, Prag usw.) stehen für Gesellschaftsfahrten bei genügender Teilnehmerzahl Kraftwagen zur Verfügung. Der von seiner Wanderung heimkehrende Gast wird sich bei seinen zuvorkommenden Wirtsleuten schlesischen Stammes, gleichgültig ob er im Gasthofe oder privat untergebracht ist, wohlfühlen. Auch wetterungünstige Tage kann er durch kennen lernen der Hausindustrie (Handweberei, Fileterzeugung) abwechslungsreich verbringen und wird sich gern aus der reichen Auswahl dieser Erzeugnisse zu günstigen Preisen ein Erinnerungsstück erwerben wollen.