Schulrat Rudolf Knoblich
 

Rudolf Knoblich

Landsmann Knoblich, geb. am 6.6. 1890 in Bärnwald, kam 1918 als Fachlehrer für Mathematik, Naturgeschichte und Naturlehre an die Bürgerschule in Gießhübel. Neben Direktor Wilhelm Hofmann und Fachlehrer Schindler gab er in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen dieser Schule das Gepräge.

Als Lehrer war Rudolf Knoblich ein erfahrener Praktiker, der die Unterrichtsarbeit von der einklassigen Landschule bis hin zum qualifizierten Fachunterricht der Bürgerschule kannte und beherrschte, und dessen Erziehungsstil nicht von Strenge, sondern von Güte geprägt war, die seiner Natur entsprach. Er war ein Mensch, der trotz fester Grundsätze Verständnis und Toleranz für andere empfand, ein Lehrer mit feinem Sinn auch für humorvolle Situationen des Schulalltags.

Als großer Naturfreund war er bemüht, auch in seinen Schülern die Liebe zur Natur zu wecken. Lehrausgänge dienten dazu, die Schüler durch unmittelbare Beobachtung zu Erkenntnissen zu führen. Am Flur der Schule wurden Sammlungen blühender Pflanzen der jeweiligen Jahreszeit aufgestellt, versehen mit Namensschildern, um Interesse und Kenntnisse der Schüler zu fördern. Befruchtend auf seine Unterrichtsarbeit wirkte sich seine Belesenheit aus. Seine mit viel Sachverstand nach und nach aufgebaute Bibliothek ging durch die Vertreibung verloren.

Auf seinen Wanderungen über die Kammwege und durch die weiten Talgebiete des Adlergebirges durchforschte er die heimatliche Pflanzenwelt. Er kannte die Standorte seltener Wildpflanzen, z.B. des Seidelbastes, des gelbblühenden Buschwindröschens oder der Akelei. Er hatte die Absicht, im Ruhestand eine Botanik des Mensegebietes zu schreiben. Diesen Plan durchkreuzte der Verlust der Heimat, der er sich bis an sein Lebensende tief verbunden fühlte.

Eine sinnvolle Ergänzung des naturkundlichen Unterrichts war der Turnunterricht, den Fachlehrer Knoblich jahrelang erteilte. Körperliche Tüchtigkeit, Gewandtheit und gute Körperhaltung sollten erzielt werden. Seine Aufgabe auf diesem Gebiet sah er nicht nur auf die Schule beschränkt. Auch die ihr entwachsene Jugend sollte im Geiste Turnvaters Jahn durch Körperschulung, Charakterbildung und natürliche Lebensweise geprägt werden. Als langjähriger Turnwart hielt er an mehreren Abenden der Woche Turnstunden ab und gab dem örtlichen Turnverein Form und Inhalt.

Durch seine eigene gesunde Lebensweise als Antialkoholiker und Nichtraucher gab er der Jugend ein Beispiel. Im Rahmen des Turnvereins wurden im Sommer Sportfeste mit Wettkämpfen im Geräteturnen und in leichtathletischen Disziplinen durchgeführt, im Winter Skiwettkämpfe im schneereichen Adlergebirge organisiert. Knoblich selbst war ein begeisterter Skifahrer, der sich schon als Kind in dieser Sportart versuchte, als die ersten "Bretteln" noch aus zugespitzten Fassdauben hergestellt wurden. Auch als Bezirks- und Gauturnwart des Turngaus Braunau diente er jahrelang der Turnbewegung unserer Sudetendeutschen Heimat.

Trotz der hohen Arbeitsbelastung arbeitete Lm. Knoblich auch noch im Musik- und Gesangverein, dem Verein für Kinderschutz und Jugendfürsorge und dem Gebirgsverein tatkräftig mit. Zur Pflege des kulturellen Lebens wurden in Gießhübel u.a. Theaterstücke, ja sogar Operetten aufgeführt, wobei sich besonders auch die Lehrer aktiv beteiligten. Als talentiertem Klavierspieler oblag Lm. Knoblich dabei das Einüben von Reigen und Volkstänzen.

Das Adlergebirge war bis 1938 ein wirtschaftliches Notstandsgebiet. Die Lehrer kannten das Ausmaß der Bedürftigkeit ihrer Schüler und suchten nach Hilfsmöglichkeiten. So wurden die Kinder einige Zeit vor Weihnachten befragt, woran es ihnen am meisten mangele. Dann wurden Listen zusammengestellt und Privatpersonen und Firmen in besser gestellten Gebieten des Sudetenlandes angeschrieben. Kinderbekleidung für die Weihnachtsbescherung in der Schule, Hefte und Zeichenmaterial für die Unterrichtsarbeit gingen als Spenden ein.

Eine andere Form der Selbsthilfe war der Erlös aus den jährlichen Theateraufführungen der Schulkinder vor Weihnachten. Die Einnahmen wurden sowohl der Kinderbescherung als auch der Schulspeisung zugeführt, durch die bedürftige Kinder während der Winterzeit einen Teller warme Suppe in der Mittagspause erhielten. Bei all diesen Aktionen war Fachlehrer Knoblich mithelfend beteiligt.

Als im Sommer 1937 Bürgerschuldirektor Hofmann von den Tschechen seines Amtes enthoben und strafversetzt worden war, trat Rudolf Knoblich an seine Stelle als Direktor der Volks- und Bürgerschule in Gießhübel. In Anerkennung seiner schulischen Verdienste und seines Wirkens in den deutschen Schutzverbänden wurde Direktor Knoblich von der Lehrerschaft des heimatlichen Schulaufsichtsbezirks zum Schulrat vorgeschlagen. In diesem Amte wirkte der bewährte Schulmann von 1939 – 1945 im Kreis Bärn, Reg.-Bez. Troppau.

Nach dem Zusammenbruch 1945 hatte auch Schulrat Knoblich Demütigung und Verfolgung zu ertragen: Zwangsarbeit auf einem tschechischen Gutshof, Einweisung in ein Internierungslager, im Sommer 1946 Vertreibung aus der Heimat. In Mecklenburg in der SBZ, wohin die Familie verschlagen worden war, traf ihn ein Jahr später der nächste harte Schicksalsschlag durch den plötzlichen Tod seiner Gattin. Nach Zuweisung verschiedener Beschäftigungen wurde er 1952 wieder in den Schuldienst aufgenommen und unterrichtete als Fachlehrer an einer Schule in Schönberg/Meckl.

1954 entzog er sich dem politischen Druck durch die Flucht in die Bundesrepublik. Hier schloss er 1956 eine zweite Ehe und verlebte seinen Ruhestand in Passau. Im Alter von 87 Jahren erlag er während eines Erholungsaufenthaltes in Bad Reichenhall am 26.8.1977 einer Lungenentzündung.

Rudolf Knoblich war eine Lehrerpersönlichkeit voller Hingabe an seinen Beruf, und so bleibt er seinen einstigen Schülern in dankbarer Erinnerung. Was er an erzieherischen Werten in ihre Herzen pflanzte, gab manchen in den Stürmen des Lebens inneren Halt und half ihnen, schwere Zeiten standhafter zu ertragen.

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Auszug aus einem Bericht von Franz Wondrejz (+) im "Trostbärnla" 1982, S. 55 ff / T.F.